Der Wanuskewin Heritage Park – einzigartig und wunderschön
Unter dem weiten Himmel der Prärie schmiegt sich das Herzstück des Wanuskewin Heritage Parks in die Landschaft, ein Kulturzentrum der Ureinwohner nördlich von Saskatoon in der Provinz Saskatchewan. Das niedrige Gebäude, mit viel Holz und Glas errichtet, wirkt wie aus dem Boden gewachsen, so stimmig mit der grünen Umgebung wie die Bäume. Die Dachspitzen, die links und rechts der Eingangshalle aufragen, erinnern an ein Tipi.
Ringsherum erstreckt sich in Wellen das grüne Grasland. In den Senken, wo sich mehr Regenwasser sammeln kann, wachsen Espen und niedrige Sträucher. Jetzt im Herbst setzt ihr leuchtend gelbes Laub Farbtupfer mitten in das Grün. Eine ursprüngliche Prärielandschaft – man kann sich gut vorstellen, wie die Erde hier einst unter den donnernden Hufen der Bisons erbebte! Südlich des Parks fließt gemächlich und in Windungen der South Saskatchewan River in Richtung Nordosten.
Wanuskewin – Ort der Begegnung und des Lernens
Dort, wo heute der Wanuskewin Heritage Park liegt, kamen schon vor Tausenden von Jahren die Nomadenvölker der Northern Plains zusammen, um gemeinsam auf die Bisonjagd zu gehen und in der Überfülle der Präriepflanzen Nahrung und Heilkräuter zu sammeln. Ebenso wichtig wie die Nahrungsbeschaffung war es, zusammen Feste zu feiern, die traditionellen Rituale zu praktizieren, voneinander zu lernen und die gegenseitigen Beziehungen zu festigen.
„Wanuskewin“ bedeutet „Versammlungsort“ in der Sprache der Ureinwohner, und genau das soll der Park auch heute wieder sein, ein Ort des Lernens und der Gemeinsamkeit. Auf anschauliche Weise wird den Besucherinnen und Besuchern die traditionelle Kultur der First Nations nahegebracht, außerdem können indigene Künstlerinnen und Künstler in den großzügigen Räumlichkeiten ihre Werke ausstellen, sowohl traditionelles Kunsthandwerk als auch moderne Kunst.
Das Verschwinden der Bisons
In der kanadischen Prärie, ebenso wie weiter südlich in den Great Plains der USA, war die Kultur der Ureinwohner untrennbar mit den großen Bisonherden verbunden. Das größte Landsäugetier Nordamerikas stellte die Nahrungsgrundlage der Indianer dar – und noch viel mehr, denn ganz gleich, ob Fleisch, Fell, Haut, Knochen oder Hörner, für alles, was die Tiere lieferten, wussten die Menschen einen Verwendungszweck.
Durch die nordamerikanische Grassteppe streiften einst 25 Millionen der massigen, robusten Tiere, eine unvorstellbar große Zahl, und doch gelang es den Weißen, die Bisons innerhalb kürzester Zeit an den Rand der Ausrottung zu bringen. Mit einer perfiden Absicht: Durch das sinnlose Abschlachten sollte den indigenen Völkern die Lebensgrundlage entzogen werden. Unsägliches Leid wurde den Indianern zugefügt, ihre Kultur jedoch erwies sich als überraschend resilient – wovon der Wanuskewin Heritage Park zeugt.
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Welcome in Wanuskewin! Die Bisons kommen zurück
Die Bestände der Bisons haben sich inzwischen erholt. Von einer kleinen, wildlebenden Herde, der einzigen, die Ende des 19. Jahrhunderts noch übrig war, stammen all die Tiere ab, die zwar nicht zu Millionen, doch zumindest zu Hunderttausenden wieder in der Prärie leben. Und auch hier im Wanuskewin Heritage Park, zur großen Freude der First Nations, für die der Bison seit Urzeiten eine besondere spirituelle Bedeutung hat.
Im Dezember 2019 konnten die Mitarbeitenden von Wanuskewin die ersten sechs Bisons willkommen heißen, Jungkühe, die aus dem Grasslands National Park im Süden Saskatchewans stammen. Zu der neuen Herde kamen bald darauf noch ein ausgewachsener Bulle und vier trächtige Bisonkühe aus den USA hinzu. Inzwischen haben in der neuen Heimat schon mehrere Kälber das Licht der Welt erblickt, für die Ureinwohner ein Symbol dafür, dass auch ihre Kultur fortbestehen, sich entwickeln und weiterverbreiten wird.
Der Wanuskewin Heritage Park strahlt Freundlichkeit und eine große Ruhe aus. Ein spiritueller Ort, an dem die traditionelle Lebensweise der Prärieindianer greifbar und wieder lebendig wird.